Mittwoch, 9. Januar 2008

V.R.

Heute ein paar Gedanken für alle, die einen Faible für Schusswaffen haben. Schon zu Beginn stellte ich die Frage, woher wohl Holmes' Waffe kommt, von der Watson erwähnt, dass Holmes damit ein patriotisches VR in die Wand schießt. Das ist zu Beginn der Geschichte um das Musgrave-Ritual. Ein Blick in die Geschichte verrät, dass es sich bei der Waffe um eine Stechschlosspistole handelt.
Man gebe nun also das Wort "Stechschlosspistole" in eine Suchmaschine seiner Wahl ein (denn eigentlich steckt ja hinter jeder Suchmaschine schlussendlich Google) und wieviele Ergebnisse erhält man?
Richtig, ein bis zwei, wobei alle nur auf Sherlock Holmes verweisen. Eigentlich seltsam, oder? Wenn es so etwas wie Stechschlosspistolen gibt, sollten doch vielleicht ein paar Ergebnisse mehr zutage gefördert werden.
Okay, das Internet ist nicht unfehlbar. Es scheint wohl jedenfalls so zu sein, dass Stechschlösser eher für Büchsen und Jagdgewehre gemacht waren. Und nach etwas längerer Suche stößt man auch bei Wikipedia auf Pistolen mit Stechschlössern, die allerdings selbst für 1890 schon etwas antiquarisch aussehen und die es in französischer und deutscher Ausführung gibt.
Französisch, da klingelt doch was... vielleicht ein Erbstück der französischen Linie? Wo Holmes sich ja nie von irgendwas trennen kann und alles sammelt, vielleicht gar nicht so abwegig.
Aber werfen wir mal einen Blick in das Original. Was heißt denn bitteschön Stechschlosspistole auf englisch?
"...; and when Holmes in one of his queer humours would sit in an arm-chair, with his hair-trigger and a hundred Boxer cartridges, ..."
Hair-Trigger also. Wobei der Begriff heute scheinbar ebenfalls noch für modifizierte Waffen benutzt wird wegen der Besonderheit, die ein Stechschloss ausmachte: Es konnte so eingestellt werden, dass der Abzug besonders empfindlich war und daher die Büchse beim Schuss nicht verrissen wurde.

(deutsche Version einer Vorderladerpistole mit Stechschloss, hinterer Hahn zum Spannen, vorne Abzug;
Quelle: wikipedia, was sonst ;)


Bleibt noch die Boxer-Munition. Diese Munition wurde ab 1840 hergestellt und wer sich näher dafür interessiert, dem sei gesagt, dass es scheinbar nicht allzuviele Infos darüber gibt. Die englische Wikipedia gibt am Rande etwas dazu her. Dass Holmes allerdings gleich mit einer 100er-Packung Kugeln unterwegs ist...
Daraus zu schließen, dass Holmes nebenher als Geheimagent arbeitet, wäre wohl etwas unsinnig. Wenn selbst Watson aus dem Krieg von 1880 mit einem handlichen Revolver zurückkommt, warum hat dann der technikversessene Holmes — nicht in allem, aber er besitzt neuere Handschellen als die Polizei und auch praktisches Einbrecherwerkzeug — ja, also warum besitzt er so eine alte Pistole?
Vermutlich also doch ein Erbstück oder etwas in der Art. Ein Geschenk vielleicht. Ein Relikt aus einem Fall. Etwas, das er, wie seine Stradivari, einem Trödler abgeknöpft hat. Die Bezahlung eines Klienten. Wer weiß.
Dass er damit allerdings nicht wirklich auf Verbrecherjagd geht, scheint wohl dadurch bewiesen, dass er Watson immer auffordert, seinen Revolver mitzunehmen. Vielleicht ist das jedoch auch nur ein kluger Schachzug: Denn mit Sicherheit wird zuerst auf denjenigen geschossen, der selbst eine Waffe trägt...

Keine Kommentare: